Beim Vorstellungsgespräch für meinen allerersten, ganz richtigen, echten Job (Festanstellung, unbefristet, 30 Urlaubstage, also kurz vor dem Paradies der guten alten Zeit) musste ich meine Gehaltsvorstellung nennen und fand mich und meine Zahl sehr wagemutig. Die Halsschlagader geschwollen, der Puls auf 180, nannte ich eine Zahl, die das Gehalt meines Vaters knapp überstieg und war ziemlich sicher, dass das nicht gutgehen würde.
Es ist nie wieder darüber gesprochen worden. Ich bekam den Job und wusste: Es war zu wenig, was ich aufgerufen hatte. Und ich habe mir geschworen: Nie wieder sollte mir das passieren. Seitdem kann ich einigermaßen verhandeln, auch wenn ich es immer noch nicht mag, über Geld zu reden. Ob das typisch weiblich ist, weiß ich nicht. Alle Studien zeigen aber, dass Frauen oft zu wenig fordern, die Männer mutiger sind und fester davon überzeugt, eher mehr zu verdienen als weniger. Wir Frauen gehen also oft genug mit weniger Geld bei gleicher Leistung nach Hause. Warum das so ist und was frau dagegen tun kann, habe ich Dr. Katharina Schiederig, Leiterin der Bundesgeschäftsstelle des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM), gefragt.
Claudia Bender: Dr. Schiederig, finden Mitarbeiter in Personalabteilungen es nicht merkwürdig, wenn Frauen auf die simple Frage nach ihren Gehaltsvorstellungen keine vernünftige Antwort haben?
Dr. Schiederig: Nicht, wenn sie die Perspektive der Frauen kennen und sie entsprechend einordnen können. Es ist ja gerade die Aufgabe eines Personalers, dieser gefühlten Barriere entgegenzuwirken. Beispielsweise indem sie offensiv fragen: Wie möchten Sie sich im Gehalt verbessern? Anstatt „Wo liegen Sie denn gehaltlich so?“ Denn es geht ja nicht darum, die Frau vorzuführen, sondern ihr zu helfen, das Gehalt zu bekommen, was sie entsprechend ihres Qualifikationsprofils auch verdient. Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, sich vor einem Bewerbungsgespräch auf die Frage nach dem Gehaltswunsch vorzubereiten und eine Zahl parat zu haben – etwa, indem man männliche Kollegen aus dem Unternehmen bzw. der Branche vorher nach ihrer realistischen Einschätzung fragt.
? Wie sollten sich Frauen richtig und zielführend auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten?
! Die Recherche zu den aktuellen Entwicklungen im Unternehmen ist zur Orientierung natürlich wichtig. Zu Beginn des Gesprächs kommt häufig die Bitte, sich kurz vorzustellen und zu begründen, weshalb man sich für den Job bewirbt. Dieses Statement kann man gut vorbereiten. Wichtig ist hier, dass man bei der Darstellung der eigenen Vita immer wieder den Bezug zur ausgeschriebenen Stelle und den geforderten Kompetenzen herstellt. Darüber hinaus sollte man darauf vorbereitet sein, wenn Fragen zu „Lücken“ im Lebenslauf, Wendungen in der Karriere oder sonstige Besonderheiten, die vom gängigen Schema abweichen, kommen. Wichtig sind natürlich auch die Eckdaten zum Gehalt, zur Entwicklungsperspektive, zu den eigenen Stärken und zur Teamfähigkeit.
? Gibt es Regeln zu Kleidung und Auftreten, die die Bewerberin unbedingt beachten sollte?
! Da gibt es eine Faustregel: man sollte sich wohlfühlen und versuchen, mit dem äußeren Erscheinungsbild zur Unternehmenskultur zu passen. Also beim Start-up nicht unbedingt im Bleistift-Rock erscheinen. Andere Branchen wie Banken oder Unternehmensberatungen funktionieren da klassischer. Der Personaler versucht, sich die Bewerberin im Arbeitsalltag in seinem Unternehmen vorzustellen. Helfen Sie ihm, indem Sie sich so kleiden, dass er sie bereits am Schreibtisch oder im Kundengespräch sieht.
? Wie viel sollten Frauen im Bewerbungsverfahren über den Wunscharbeitgeber wissen?
! Die Recherche zu den aktuellen Veränderungen im Unternehmen ist das A und O. Also zu wissen, ob neue Filialen eröffnet wurden, eine neue Werbekampagne lanciert wurde oder aber der Vorstand gewechselt hat, gehört dazu und macht einen vorbereiteten Eindruck. Neben der Unternehmenswebsite und dem Jahresbericht ist die Wirtschaftspresse dafür eine sinnvolle Informationsgrundlage, ebenso Arbeitgeber-Bewertungsportale. Dort finden Frauen heraus, worüber sich der Wunscharbeitgeber bei seiner Arbeitgeberattraktivität positioniert: z.B. flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit, Kita-Plätze, Führung in Teilzeit. Anknüpfend an diese Recherche können Frauen dann schlaue Nachfragen im Bewerbungsgespräch stellen und dem Arbeitgeber damit auch deutlich machen, was ihnen wichtig ist. Denn am Ende des Tages geht es ja darum, ob sie sich auch für diesen Arbeitgeber entscheiden wollen.
? Was können Frauen explizit tun, um sich von den männlichen Mitbewerbern zu unterscheiden – um besser zu sein?
! Frauen sollten sich selbst sagen, dass sie die Besten sind, die der Arbeitgeber für den Job kriegen kann! Im Gespräch kurz und selbstverständlich auf die eigenen Stärken eingehen und aufzeigen, wie diese künftig für den Arbeitgeber eingesetzen werden können. Freundlich und empathisch im Ton, bestimmt in der Sache (Gehalt, Verantwortung). Keine übertriebene Selbstvermarktung, sondern eher über Humor und Intelligenz gehen.
Geben Sie uns bitte 5 Tipps, die Sie Frauen mit auf den Weg geben können, um den Traumjob zu bekommen.
Tipp 1: Einsatz zeigen und diesen auch bei den richtigen Akteuren sichtbar machen. Viele Jobs werden nicht über Stellenanzeigen vergeben!
Tipp 2: Über eigene Erfolge souverän reden.
Tipp 3: Schon beim Berufseinstieg verdienen viele Frauen weniger als die männlichen Kollegen. Also informieren und nicht zu niedrig „pokern“!
Tipp 4: Wer flexibel arbeiten will, sollte mit klaren Vorstellungen darüber ins Bewerbungsgespräch gehen und diese auch äußern, wenn sich der Arbeitgeber „innerlich“ schon für die Bewerberin entschieden hat.
Tipp 5: Sich selbst treu bleiben: Entscheiden sollten sich Frauen für den Arbeitgeber, der zu ihren Werten passt.
Dr. Katharina Schiederig leitet die Geschäftsstelle des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) in Berlin. Zuvor arbeitete die promovierte Politologin als HR-Trainerin mit Fokus Diversity Management und gründete ein HR-Start-up.
Von 2012-2017 war Katharina Schiederig für das Beratungsinstitut EAF Berlin tätig. Von 2009-2012 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität und setzte sich mit den Perspektiven für eine zukunftsorientierte Personalpolitik auseinander.
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Beim Vorstellungsgespräch für meinen allerersten, ganz richtigen, echten Job (Festanstellung, unbefristet, 30 Urlaubstage, also kurz vor dem Paradies der guten alten Zeit) musste ich meine Gehaltsvorstellung nennen und fand mich und meine Zahl sehr wagemutig. Die Halsschlagader geschwollen, der Puls auf 180, nannte ich eine Zahl, die das Gehalt meines Vaters knapp überstieg und war ziemlich sicher, dass das nicht gutgehen würde.
Es ist nie wieder darüber gesprochen worden. Ich bekam den Job und wusste: Es war zu wenig, was ich aufgerufen hatte. Und ich habe mir geschworen: Nie wieder sollte mir das passieren. Seitdem kann ich einigermaßen verhandeln, auch wenn ich es immer noch nicht mag, über Geld zu reden. Ob das typisch weiblich ist, weiß ich nicht. Alle Studien zeigen aber, dass Frauen oft zu wenig fordern, die Männer mutiger sind und fester davon überzeugt, eher mehr zu verdienen als weniger. Wir Frauen gehen also oft genug mit weniger Geld bei gleicher Leistung nach Hause. Warum das so ist und was frau dagegen tun kann, habe ich Dr. Katharina Schiederig, Leiterin der Bundesgeschäftsstelle des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM), gefragt.
Claudia Bender: Dr. Schiederig, finden Mitarbeiter in Personalabteilungen es nicht merkwürdig, wenn Frauen auf die simple Frage nach ihren Gehaltsvorstellungen keine vernünftige Antwort haben?
Dr. Schiederig: Nicht, wenn sie die Perspektive der Frauen kennen und sie entsprechend einordnen können. Es ist ja gerade die Aufgabe eines Personalers, dieser gefühlten Barriere entgegenzuwirken. Beispielsweise indem sie offensiv fragen: Wie möchten Sie sich im Gehalt verbessern? Anstatt „Wo liegen Sie denn gehaltlich so?“ Denn es geht ja nicht darum, die Frau vorzuführen, sondern ihr zu helfen, das Gehalt zu bekommen, was sie entsprechend ihres Qualifikationsprofils auch verdient. Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, sich vor einem Bewerbungsgespräch auf die Frage nach dem Gehaltswunsch vorzubereiten und eine Zahl parat zu haben – etwa, indem man männliche Kollegen aus dem Unternehmen bzw. der Branche vorher nach ihrer realistischen Einschätzung fragt.
? Wie sollten sich Frauen richtig und zielführend auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten?
! Die Recherche zu den aktuellen Entwicklungen im Unternehmen ist zur Orientierung natürlich wichtig. Zu Beginn des Gesprächs kommt häufig die Bitte, sich kurz vorzustellen und zu begründen, weshalb man sich für den Job bewirbt. Dieses Statement kann man gut vorbereiten. Wichtig ist hier, dass man bei der Darstellung der eigenen Vita immer wieder den Bezug zur ausgeschriebenen Stelle und den geforderten Kompetenzen herstellt. Darüber hinaus sollte man darauf vorbereitet sein, wenn Fragen zu „Lücken“ im Lebenslauf, Wendungen in der Karriere oder sonstige Besonderheiten, die vom gängigen Schema abweichen, kommen. Wichtig sind natürlich auch die Eckdaten zum Gehalt, zur Entwicklungsperspektive, zu den eigenen Stärken und zur Teamfähigkeit.
? Gibt es Regeln zu Kleidung und Auftreten, die die Bewerberin unbedingt beachten sollte?
! Da gibt es eine Faustregel: man sollte sich wohlfühlen und versuchen, mit dem äußeren Erscheinungsbild zur Unternehmenskultur zu passen. Also beim Start-up nicht unbedingt im Bleistift-Rock erscheinen. Andere Branchen wie Banken oder Unternehmensberatungen funktionieren da klassischer. Der Personaler versucht, sich die Bewerberin im Arbeitsalltag in seinem Unternehmen vorzustellen. Helfen Sie ihm, indem Sie sich so kleiden, dass er sie bereits am Schreibtisch oder im Kundengespräch sieht.
? Wie viel sollten Frauen im Bewerbungsverfahren über den Wunscharbeitgeber wissen?
! Die Recherche zu den aktuellen Veränderungen im Unternehmen ist das A und O. Also zu wissen, ob neue Filialen eröffnet wurden, eine neue Werbekampagne lanciert wurde oder aber der Vorstand gewechselt hat, gehört dazu und macht einen vorbereiteten Eindruck. Neben der Unternehmenswebsite und dem Jahresbericht ist die Wirtschaftspresse dafür eine sinnvolle Informationsgrundlage, ebenso Arbeitgeber-Bewertungsportale. Dort finden Frauen heraus, worüber sich der Wunscharbeitgeber bei seiner Arbeitgeberattraktivität positioniert: z.B. flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit, Kita-Plätze, Führung in Teilzeit. Anknüpfend an diese Recherche können Frauen dann schlaue Nachfragen im Bewerbungsgespräch stellen und dem Arbeitgeber damit auch deutlich machen, was ihnen wichtig ist. Denn am Ende des Tages geht es ja darum, ob sie sich auch für diesen Arbeitgeber entscheiden wollen.
? Was können Frauen explizit tun, um sich von den männlichen Mitbewerbern zu unterscheiden – um besser zu sein?
! Frauen sollten sich selbst sagen, dass sie die Besten sind, die der Arbeitgeber für den Job kriegen kann! Im Gespräch kurz und selbstverständlich auf die eigenen Stärken eingehen und aufzeigen, wie diese künftig für den Arbeitgeber eingesetzen werden können. Freundlich und empathisch im Ton, bestimmt in der Sache (Gehalt, Verantwortung). Keine übertriebene Selbstvermarktung, sondern eher über Humor und Intelligenz gehen.
Geben Sie uns bitte 5 Tipps, die Sie Frauen mit auf den Weg geben können, um den Traumjob zu bekommen.
Tipp 1: Einsatz zeigen und diesen auch bei den richtigen Akteuren sichtbar machen. Viele Jobs werden nicht über Stellenanzeigen vergeben!
Tipp 2: Über eigene Erfolge souverän reden.
Tipp 3: Schon beim Berufseinstieg verdienen viele Frauen weniger als die männlichen Kollegen. Also informieren und nicht zu niedrig „pokern“!
Tipp 4: Wer flexibel arbeiten will, sollte mit klaren Vorstellungen darüber ins Bewerbungsgespräch gehen und diese auch äußern, wenn sich der Arbeitgeber „innerlich“ schon für die Bewerberin entschieden hat.
Tipp 5: Sich selbst treu bleiben: Entscheiden sollten sich Frauen für den Arbeitgeber, der zu ihren Werten passt.
Dr. Katharina Schiederig leitet die Geschäftsstelle des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) in Berlin. Zuvor arbeitete die promovierte Politologin als HR-Trainerin mit Fokus Diversity Management und gründete ein HR-Start-up.
Von 2012-2017 war Katharina Schiederig für das Beratungsinstitut EAF Berlin tätig. Von 2009-2012 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität und setzte sich mit den Perspektiven für eine zukunftsorientierte Personalpolitik auseinander.
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