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Insolvenz der Firma? Wie du dich als Arbeitnehmerin jetzt richtig verhältst!
Insolvenz der Firma? Wie du dich als Arbeitnehmerin jetzt richtig verhältst!

Quelle: Pexels

Arbeit

Insolvenz der Firma? Wie du dich als Arbeitnehmerin jetzt richtig verhältst!

Ab Herbst 2020 erwarten Wirtschaftsexperten für Deutschland – bedingt durch die Coronakrise – eine Insolvenzwelle. Wenn die Insolvenzantragspflicht ab Ende September nicht mehr ausgesetzt sei, werde sich die Zahl der Anträge deutscher Unternehmen erheblich erhöhen. Für tausende Beschäftigte heißt es dann schnell handeln, um ihre finanziellen Ansprüche zu sichern.

Auf den Fluren wurde schon lange getuschelt? Der Chef ist kaum noch zu sprechen? Der „Pleitegeier“ kreist schon eine Weile über der Firma? Für die meisten Beschäftigten kommt die betriebliche Insolvenz nicht über Nacht. Gerüchte verdichten sich zur Wahrheit: Das Unternehmen muss Insolvenz (umgangssprachlich Konkurs) anmelden. Dies ist dann der Fall, wenn der Betrieb zahlungsunfähig ist, wenn die Zahlungsunfähigkeit mangels Liquidität droht oder wenn es überschuldet ist. Dann wird beim Amtsgericht ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Nun prüft das Amtsgericht (oder auch Insolvenzgericht), ob genügend Unternehmenswerte da sind, um die Verfahrens-Kosten zu decken. Bei einem „Nein“ ist die Firma bankrott und es wird eine Insolvenzeröffnung „mangels Masse“ abgewiesen. Das Gericht bestellt meist einen vorläufigen Insolvenzverwalter zur Sicherung der künftigen Masse und zur Erstellung eines Gutachtens über die Eröffnungsfähigkeit des Verfahrens. Die Geschäfte gehen vorerst weiter. Ggf. eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren und bestellt einen Insolvenzverwalter. Spätestens nach drei Monaten muss der Insolvenzverwalter vor den Gläubigern die Firmen-Situation und Sanierungschancen erläutern. Die Gläubiger entscheiden dann, ob die Firma saniert, die Insolvenzmasse unter ihnen aufgeteilt oder die Firma verkauft werden soll.

 Wer zahlt den Mitarbeitern jetzt den Lohn?

Stellt die Firma die Lohnzahlungen ein, springt die Arbeitsagentur für drei Monate ein. Das so genannte Insolvenzgeld kann aber erst beantragt werden, wenn das Gericht das Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse abgewiesen hat (Insolvenzereignis). Nach Eintritt des Insolvenzereignisses hat der Arbeitnehmer eine Frist von zwei Monaten, in der er das Ausfallgeld beantragen kann. Gezahlt wird es in Höhe des Nettoeinkommens – für maximal 5400 € (West) bzw. 4550 € (Ost) brutto pro Monat. Bei Antragsabgabe bitte folgende Unterlagen bereit halten:

+ Aktenzeichen des Verfahrens beim Insolvenzgericht (falls bekannt),

+ Arbeitsvertrag,

+ sofern Ihnen bereits gekündigt wurde, das Kündigungsschreiben,

+ die letzten drei erhaltenen Lohnabrechnungen,

+ etwaige Klageschriften und ergangene Urteile aus Arbeitsgerichtsverfahren.

Zusatz-Tipp: Freiwillige Lohnzugeständnisse der Arbeitnehmer, z.B. um eine Insolvenz abzuwenden, können sowohl das Insolvenz- als auch das spätere Arbeitslosengeld verringern. Neben dem Insolvenzgeld zahlt die Agentur für Arbeit auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) auch die für den Insolvenzgeld-Zeitraum rückständigen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung sowie Beiträge zur Arbeitsförderung.

Nicht vorschnell kündigen: Gerät die Firma in eine Insolvenz, sollten die Beschäftigten aus nicht vorschnell kündigen. Denn vielleicht findet sich doch noch ein neuer Investor für den Betrieb und der Arbeitsplatz bleibt erhalten.

Umgehend Kontakt mit der Arbeitsagentur aufnehmen!

Bleibt der Lohn aus, sollten die Arbeitnehmer nicht einfach zu Hause bleiben. Denn das Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch mit der Anmeldung der Insolvenz.

Manche Unternehmen stellen ihre Mitarbeiter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens frei. Sie können dann bereits nach einer neuen Arbeit suchen. Eine sogenannte Arbeitsuchendführung bei der Agentur für Arbeit kann jederzeit auf Wunsch erfolgen. Dies kann zur Verbesserung der Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt beitragen. So schnell wie möglich Kontakt mit der Arbeitsagentur aufzunehmen, ist in beiden Fällen besonders wichtig.

Kein Geld verschenken! Die Gewährung von Insolvenzgeld ist nicht abhängig davon, dass die Beschäftigung der Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung unterlag. Daher können auch geringfügig Beschäftigte, Praktikanten, Studenten und Rentner einen Anspruch auf Insolvenzgeld geltend machen.

Die Experten-Frage: Was tun, wenn mein Arbeitgeber keinen Insolvenzantrag stellt?

Frage: Kommt man überhaupt an Insolvenzgeld, wenn der Arbeitgeber keinen Insolvenzantrag stellt?

Antwort: Selbst dann besteht das Recht auf Insolvenzgeld. In diesem Fall kann auch der Arbeitnehmer einen Insolvenzantrag (sog. Fremdantrag) hinsichtlich des Vermögens seines Arbeitgebers stellen. Antragsberechtigt sind sowohl der Schuldner – also der Arbeitgeber – wie auch der Gläubiger – also der Arbeitnehmer (§ 13 Abs. 1 S. 2 InsO). Dieser Antrag muss beim Insolvenzgericht (Amtsgericht) schriftlich erfolgen und sollte unbedingt mit einem Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe verbunden werden. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer auf den Gerichtskosten sitzen bleiben.

 Meldepflicht beim Arbeitsamt bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Der Meldepflicht (nach § 38 Abs. 1 SGB III) unterliegen alle Personen, deren Arbeitsverhältnis endet. Weil die Aufnahme einer Beschäftigung vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit im Regelfall leichter möglich ist, und sich die Integration in Arbeit umso schwieriger gestaltet, je länger die Arbeitslosigkeit dauert, soll insbesondere die Zeit vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit für die aktive Arbeitssuche genutzt werden. Daher müssen sich Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, frühzeitig persönlich arbeitsuchend melden. Die Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung besteht spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Liegen zwischen der Kenntnisnahme des Beendigungszeitpunktes und am Ende des Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, hat die Meldung innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis zu erfolgen. Der Arbeitnehmer kann wählen, ob er sich rechtzeitig persönlich in der Agentur für Arbeit arbeitsuchend meldet oder die Anzeige zur Fristwahrung in Anspruch nimmt. Die Anzeige kann telefonisch, schriftlich oder auch online (unter www.arbeitsagentur.de) erfolgen. Voraussetzung ist die Wirksamkeit der Arbeitsuchendmeldung ist jedoch, dass die persönliche Arbeitsuchendmeldung nach terminlicher Vereinbarung nachgeholt wird.


ist Diplom-Journalistin und hat ein Staatsexamen in Psychologie. Die alleinerziehende Mutter war viele Jahre Mitglied der Chefredaktion großer deutscher Frauenzeitschriften. Derzeit ist die überzeugte Vegetarierin, freie Autorin und findet die besten Ideen auf Spaziergängen mit ihrem Hund Quadriga.

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