Seit Januar 2016 haben gesetzlich Versicherten mehr Rechte bei der medizinischen Versorgung und es gibt jetzt weniger Bürokratie bei den gesetzlichen Krankenkassen. Wir finden, dass es immer gut ist, seine Rechte zu kennen. Damit ihr eure rechte auch wirklich durchsetzen können, haben wir recherchiert, was wirklich wichtig ist.
Nur noch ein Formular bei Krankschreibungen
Bisher gab es bei der Krankschreibung eines Versicherten einen Auszahlschein für die Krankenkasse (Krankengeldanspruch) und der Arbeitnehmer erhielt die gelbe Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), die er seinem Arbeitgeber vorlegen musste, damit der weiß, dass er Lohnfortzahlung leisten muss.
Jetzt gilt: Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig geschrieben, gibt es nur noch ein Formular. Neben der Krankenkasse und dem Unternehmen erhält nun auch der Versicherte einen Durchschlag der Bescheinigung. Dieser kann er die Fristen und wichtige Informationen zum Beispiel zur Krankengeldzahlung entnehmen und hat einen Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit, die ihm Rechtssicherheit gegenüber dem Arbeitgeber gibt.
Vor einer OP Recht auf ärztliche Zweitmeinung
Bei planbaren Operationen haben die Patienten ein Recht auf eine ärztliche Zweitmeinung, um die Gefahr unnötiger Operationen zu verringern oder auszuschließen.
Jetzt gilt: Der Arzt, der den Eingriff empfiehlt, muss den Patienten über sein Recht auf eine Zweitmeinung detailliert informieren und ihn auf einen Zweitgutachter hinweisen – entweder bei der Landeskrankenhausgesellschaft oder der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Aufklärung durch den behandelnden Arzt muss mindestens zehn Tage vor dem Eingriff erfolgen, damit der Patient ausreichend Zeit für eine Entscheidung bekommt. Und: Eine Zweitmeinung dürfen nur Ärzte abgeben, die für die jeweilige Krankheit alle vom Bundesausschuss definierten, fachlichen Kriterien erfüllen.
Bonusprogramme sind für alle Kassen Pflicht
Viele gesetzliche Krankenkassen haben ihren Versicherten bereits in der Vergangenheit Bonusprogramme angeboten (zum Beispiel Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen, Sachprämien oder Bargeldschecks). Damit sollte der Anreiz erhöht werden, an Routineuntersuchungen oder an Präventionen –wie zum Beispiel an einer Rückenschule in einem zertifizierten Sportstudio teilzunehmen.
Jetzt gilt: Bonusprogramme für Versicherte sind für alle gesetzlichen Krankenkassen gesetzlich vorgeschrieben – zum Vorteil der Versicherten.
Facharzttermine innerhalb von vier Wochen
Viele Versicherte beklagen, dass sie auf Facharzttermine oft viele Monate warten müssen. Seit Januar gibt es bei den Kassenärztlichen Vereinigungen der einzelnen Bundesländer nun Terminservicestellen, die sich um zeitnahe Facharzttermine für die Versicherten kümmern.
Jetzt gilt: Versicherte, die zum Beispiel keinen Termin bei einem Neurologen, Augenarzt oder Orthopäden bekommen, wird von der Terminstelle der Krankenkasse ein Facharzt vermittelt. Diese Vermittlung darf nicht länger als vier Wochen dauern und es ist zusätzlich folgendes zu beachten:
- Wer die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung um Vermittlung bittet, verzichtet auf die freie Arztwahl – kann also nicht auf die Behandlung bei einen Wunsch-Facharzt
- Die Servicestellen vermitteln nur Facharzttermine, wenn der Hausarzt bestätigt, dass die Untersuchung bei einem Spezialisten dringend medizinisch geboten ist – dies muss auf der Überweisung gekennzeichnet werden.
- Gelingt es dem Terminservice nicht, innerhalb von vier Wochen einen Facharzt zu finden, muss dem Patienten eine Untersuchung in einer Klinik ermöglicht werden.
Vorsorgeuntersuchungen sollen individueller sein
Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen müssen für Erwachsene und Kinder stärker als bisher auf individuelle Risiken und Ressourcen der Versicherten eingehen bzw. abgestimmt werden. Im Laufe dieses Jahres werden Fach- und Hausärzte dazu weitere Präventionsempfehlungen abgeben, an denen sich die gesetzlichen Krankenkassen orientieren.
Info an die Versicherten vor einem Zusatzbeitrag
Bevor eine Krankenkasse Zusatzbeiträge erhebt, muss sie ihre Mitglieder schriftlich darüber informieren, dass höhere Beiträge auf sie zukommen und die Versicherten müssen die Höhe erfahren.
Jetzt gilt: Der Versicherte muss nicht nur die Höhe des Zusatzbeitrages erfahren, sondern auch auf sein Sonderkündigungsrecht und die Möglichkeit hingewiesen werden, in eine günstigere Krankenkasse wechseln zu können.
Wie lange Lohnfortzahlung, wann Krankengeld?
Die Lohnfortzahlung ist auf sechs Wochen bzw. 42 Kalendertage begrenzt. Eine Verlängerung ist bei einer Folgeerkrankung möglich. Beispiel: Wird ein Mitarbeiter wegen verschiedener Krankheiten hintereinander arbeitsunfähig, besteht für jeden Krankheitsfall Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung. Aber: Führt dieselbe Krankheit innerhalb von zwölf Monaten wiederholt zur Arbeitsunfähigkeit, wird die bisherige Arbeitsunfähigkeit auf die Lohnzahlung angerechnet. Nach der Entgeltfortzahlung besteht Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld. Es beträgt 70 Prozent des Brutto oder 90 Prozent vom Netto.
Darf ein Chef Infos zur Erkrankung fordern?
Grundsätzlich muss kein Mitarbeiter Auskunft über seine Erkrankung geben und Arbeitgeber dürfen sich auch nicht bei Ärzten danach erkundigen. Aber: Hat ein Arbeitgeber begründeten Zweifeln an der Erkrankung eines Mitarbeiters, kann er sich an den Medizinischen Dienst der Krankenkasse wenden. Nur die Ärzte des MD sind berechtigt zu prüfen, ob die Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers tatsächlich besteht.
Wann Lohnfortzahlung, wann Krankengeld?
Die Lohnfortzahlung ist auf sechs Wochen bzw. 42 Kalendertage begrenzt. Eine Verlängerung ist bei einer Folgeerkrankung möglich. Beispiel: Wird ein Mitarbeiter wegen verschiedener Krankheiten hintereinander arbeitsunfähig, besteht für jeden Krankheitsfall Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung. Aber: Führt dieselbe Krankheit innerhalb von zwölf Monaten wiederholt zur Arbeitsunfähigkeit, wird die bisherige Arbeitsunfähigkeit auf die Lohnzahlung angerechnet. Nach der Entgeltfortzahlung besteht Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld. Es beträgt 70 Prozent des Brutto oder 90 Prozent vom Netto.
Darf ein Arbeitgeber die Krankenkasse kontaktieren?
Ist ein Arbeitgeber der Meinung, dass ein Mitarbeiter „blau“ macht und gar nicht ernsthaft erkrankt ist, darf er sich an den Medizinischen Dienst der Krankenkassen wenden und diesen darum bitten, die Arbeitsunfähigkeit zu prüfen. Einer solchen „Bitte“ kommen die Krankenkassen aber nur nach, wenn begründete Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen.
Wie viele Wochen wird Krankengeld gezahlt?
Jeder Arbeitnehmer kann innerhalb von drei Jahren für maximal 78 Wochen Krankengeld bekommen. Diese Höchstdauer verlängert sich auch dann nicht, wenn in dieser Zeit eine weitere Krankheit oder Krankheiten hinzukommen. Gerechnet wird ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit, denn die Zeit der Lohnfortzahlung wird mitgerechnet. Achtung! Es gibt Arbeitgeber, die zahlen ihren Mitarbeitern einen Zuschuss zum Krankengeld, um den Differenzbetrag zum Nettolohn auszugleichen. Es lohnt sich also, beim Arbeitgeber nachzufragen. Es kann auch sein, dass es dazu eine Betriebsvereinbarung gibt oder dass eine solche Zahlung im Tarifvertrag vereinbart wurde.
Kassen zahlen zertifizierte Rückenschulen
Wer eine Rückenschule besucht, kann von der Kasse einen Zuschuss erhalten. Gleiches gilt für Yogakurse, die Teilnahme an Fitnessprogrammen oder Ernährungsberatungen. Allerdings finanzieren die Kassen nur Kurse, die bestimmte Qualitätsstandards erfüllen – die Wirksamkeit der Maßnahme und die Qualifikation des Kursleiters müssen nachgewiesen sein. Ist das Programm zertifiziert, werden oft sogar mehrwöchige Kurse finanziert – die regelmäßige Teilnahme muss aber vom Kursleiter quittiert werden.
Tausende Medikamente gibt es ohne Zuzahlung
Wie viele Vorsorgen kostenfrei durchgeführt werden, dürfen Ärzte inzwischen tausende Medikamente ohne Zuzahlung verordnen – zum Beispiel Blutdruckmittel, Antibiotikum, Cholesterinsenker und Schmerzmittel (laut Arzneimittelversorgungs- und Wirtschaftlichkeitsgesetz). Die Liste der kostenfreien Medikamente steht im Internet unter www.gkv-spitzenverband.de, Menüpunkt Befreiungsliste Arzneimittel oder man informiert sich bei der gesetzlichen Krankenkasse. Und auch beim Haus- oder Facharzt sollten die Patienten nach diesen zuzahlungsfreien Medikamenten fragen und darum bitten, dass diese verordnet werden.
Kann der Betriebsarzt die Erkrankung überprüfen?
Nein. Arbeitgeber haben grundsätzlich kein Recht, die Arbeitsunfähigkeit durch den Betriebsarzt „überprüfen“ zu lassen. Betriebsärzte dürfen nur arbeitsmedizinische Untersuchungen durchführen, nicht aber Diagnosen bei niedergelassenen Ärzten erfragen. Außerdem gilt auch bei Untersuchungen, die ein Betriebsarztdurchführt: Gegenüber dem Arbeitgeber ist er an seine ärztliche Schweigepflicht gebunden und darf nicht „plaudern“.
Anspruch auf eine zweite ärztliche Meinung?
Selbstverständlich. Jeder Patient hat das Recht auf die Zweitmeinung eines anderen Arztes – und kann vom Hausarzt eine Überweisung verlangen. Allerdings kann jeder auch ohne Überweisung einen anderen Arzt aufsuchen – mit einer Überweisung bekommt man aber oft schneller einen Termin.
Wie lange auf einen Hausarzttermin warten?
Sind lange Wartezeiten beim Hausarzt nicht die Ausnahme, sondern die Regel sollten Patienten das Praxispersonal oder den Hausarzt direkt ansprechen. Denn die Organisation der Praxis liegt in seiner Verantwortung. Ändert sich nichts und kann man den Hausarzt auch nicht wechseln, weil es in der Nähe keine andere Praxis gibt, können sich Versicherte an ihre Krankenkasse wenden und das Problemschildern. Die leitet die „Patienten-Beschwerde“ an die Kassenärztliche Vereinigung die die Beschwerde mit dem Arzt „auswerten“ wird.
Akuten Schmerzen – Anspruch auf einen „Sofort-Termin“?
Ärzte behandeln Patienten, die unter akuten Schmerzen leiden, in der Regel so schnell wie möglich. Das bedeutet aber nicht, dass überhaupt keine Wartezeit entsteht. Aber: Wer unter so akuten Schmerzen leidet, dass es sie nicht aushält, sollt einen Notarzt rufen.
KEIN KOMMENTAR