Jeder von uns findet die eigene Stimme schrecklich. Niemand hört sich gerne reden. Sprachnachrichten sind nur für die anderen da und Siri ist zum Glück hart im Nehmen. Wir hören uns selbst ganz anders als wenn die eigene Stimme vom Band kommt, im Radio spricht oder nur die neueste Ansage auf der Urlaubsmailbox ist. Wir hören uns tiefer als wir in Wirklichkeit sprechen, weil bei uns selbst der Kopf zwischen Mund und Ohr Dämmung gibt. Ohne den Puffer von Knochen, Muskeln und Haut klingt die Stimme merkwürdig, fremd wie von jemand ganz anderem. Und doch ist die Stimme etwas ganz Individuelles, sie gehört nur uns, macht uns unverwechselbar und eigen. Aber niemand ist der eigenen Stimme hilflos ausgeliefert. Wir können sie formen, ausbilden, verändern.
Tiefe, warme Stimmen wirken angenehm, glaubwürdig, kompetent. Je höher die Stimme umso unsympathischer, dünne Stimmchen wirken unsicher, selbst wenn ein Bär dahinter steckt, näselnde Ausdrucksweisen gelten als arrogant, gar weinerlich. Ungerechterweise sprechen Männer tiefer als Frauen, das liegt am Körperbau, größerer Kopf, mehr Volumen. Die männliche Stimme liegt weltweit im Durchschnitt bei 110 Hertz, früher lag die Stimme deutscher Frauen eine ganze Oktave höher: bei 220 Hertz.
Früher? Ja, jetzt wird es spannend!
Eine Langzeit-Studie der Universität Leipzig* hat gezeigt, dass weibliche Stimmen heute signifikant tiefer sind als noch vor Jahren. Der erstaunliche Grund: Das Rollenbild der Frau hat sich verändert. „Ein überraschendes Ergebnis war, dass stimmgesunde Frauen ihre Sprechstimme deutlich tiefer einsetzen, als gemeinhin angenommen wird und in den Lehrbüchern zu lesen ist. Statt einer ganzen Oktave liegt die Frauenstimme nur noch etwa eine Quinte – also die Hälfte des Wertes – über der Männerstimme”, so Prof. Dr. Michael Fuchs, Leiter des Symposiums und Professor für Phoniatrie und Pädaudiologie der Universität Leipzig. „Das ist ein signifikanter Unterschied, der biologisch nicht zu erklären ist.” Biologische Gründe konnten dabei genauso ausgeschlossen werden wie anatomische oder hormonelle. Im Laufe der letzten 100 Jahre ist nichts derart Gravierendes passiert, das die Veränderung wissenschaftlich erklären konnte. Außer: „Frauen sind heutzutage selbstbewusster, beruflich erfolgreich, verdienen mehr Geld. Das zeigt sich in der tieferen Stimme”, so Fuchs. Diese signalisiert Kompetenz, schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit. (Tagesspiegel). Die tiefsten Stimmen haben übrigens die Frauen in Skandinavien, also in Ländern, in denen die Gleichberechtigung weit fortgeschritten ist.
Die Stimme spielt heutzutage eine größere Rolle, weil im Berufsleben mehr kommuniziert wird als noch vor Jahrzehnten. Die Bedeutung der Stimme für die Rolle im Job hat zugenommen. Sie ist ein, wenn auch sicher nicht der einzige entscheidende Erfolgsfaktor auf der Karriereleiter. Wir können unsere Stimme kontrollieren, können sie bewusst einsetzen, damit Wirkungen unterstreichen – auch unsere Stimme unterliegt unserem Willen. So wir ihn denn aufbringen.
Das Mäuschen stellen wir nicht ein.
Was also tun, um die Stimme schöner, besser, tiefer zu machen? Wer den heimatlichen Dialekt loswerden will, muss zur Sprecherziehung, wer eine Sprachfehler hat, ab zum Logopäden. Wer die Stimme verändern will: Regelmäßige Übungen mit und ohne Anleitung. Viele Schauspieler, Schauspiellehrer, Radiomoderatoren oder Sprechtrainer können helfen. Aber jede Frau kann auch einiges selber tun, ein Korken und die Sprachaufnahmefunktion des Handys können dabei auf das Leichteste unterstützen.
Helfen kann uns ein älterer Herr namens Julius Hey. Von ihm stammt die Fibel der Sprecherziehung, die ich jeder und jedem nur ans Herz legen kann. Wunderbare alte Texte führen uns durch die Welt des Atmens, Betonens, Sprechens. Von Buchstabe zu Buchstabe, von A bis Z über ch und sch. Fangen wir an: Nehmen Sie ihr Handgerät zur Hand und starten eine Sprachaufnahme. Eine Minute sprechen – Text egal. Gefällt Ihnen Ihre Stimme? Zu leise, zu hoch, zu wenig Betonung, unklare Aussprache? Noch einmal!
Nehmen Sie einen Korken in den Mund und sprechen Sie den Text erneut (gerne ohne Publikum, es klingt komisch). Dann wieder aufnehmen. Hat sich etwas geändert? Atmen Sie fünf Mal tief ein und ruhig aus, am besten auf einem Konsonanten. Lassen Sie die Stimme von gaaaanz unten kommen. Aus dem Bauch – nicht aus den Bronchien, nicht aus dem Kopf. Das Ganze zwei Mal und dann (ohne Korken) langsam! Ins Handy sprechen. Ich garantiere Ihnen: Schon hat sich etwas geändert. Die Stimme klingt wärmer, tiefer, voluminöser. Überzeugender.
Das E ist mit allen seinen Schattierungen der wichtigste Buchstabe. Es muss deshalb gut trainiert werden. Schon damit es nicht zum Ö wird. Ewig, Wedel und Hefe: Vokalanlaut, Klingeranlaut und Hauchanlaut unterscheiden sich eben. Probieren Sie es mal aus.
Die gute, volle Stimme kommt nicht aus Kopf und Mund – sie kommt aus dem Bauch. Was die Profis „gestütztes Sprechen“ nennen, können Sie auch: Von ganz unten kommt der Ton. Legen Sie die Hand auf den Thorax, den Bauch und sprechen laut: Alles ist aus!
Für weitere Übungen reichen weitere Texte des Kleinen Hey oder ein paar Sprechtexte von Schauspielschulen aus dem Internet und dann verstehen Sie schnell, warum Barbara nah am Abhang saß und gar sangbar zaghaft langsam sprach.
Barbara saß nah am Abhang – 5 Tipps für gute Stimm- und Tonlagen
Jeder von uns findet die eigene Stimme schrecklich. Niemand hört sich gerne reden. Sprachnachrichten sind nur für die anderen da und Siri ist zum Glück hart im Nehmen. Wir hören uns selbst ganz anders als wenn die eigene Stimme vom Band kommt, im Radio spricht oder nur die neueste Ansage auf der Urlaubsmailbox ist. Wir hören uns tiefer als wir in Wirklichkeit sprechen, weil bei uns selbst der Kopf zwischen Mund und Ohr Dämmung gibt. Ohne den Puffer von Knochen, Muskeln und Haut klingt die Stimme merkwürdig, fremd wie von jemand ganz anderem. Und doch ist die Stimme etwas ganz Individuelles, sie gehört nur uns, macht uns unverwechselbar und eigen. Aber niemand ist der eigenen Stimme hilflos ausgeliefert. Wir können sie formen, ausbilden, verändern.
Tiefe, warme Stimmen wirken angenehm, glaubwürdig, kompetent. Je höher die Stimme umso unsympathischer, dünne Stimmchen wirken unsicher, selbst wenn ein Bär dahinter steckt, näselnde Ausdrucksweisen gelten als arrogant, gar weinerlich. Ungerechterweise sprechen Männer tiefer als Frauen, das liegt am Körperbau, größerer Kopf, mehr Volumen. Die männliche Stimme liegt weltweit im Durchschnitt bei 110 Hertz, früher lag die Stimme deutscher Frauen eine ganze Oktave höher: bei 220 Hertz.
Früher? Ja, jetzt wird es spannend!
Eine Langzeit-Studie der Universität Leipzig* hat gezeigt, dass weibliche Stimmen heute signifikant tiefer sind als noch vor Jahren. Der erstaunliche Grund: Das Rollenbild der Frau hat sich verändert. „Ein überraschendes Ergebnis war, dass stimmgesunde Frauen ihre Sprechstimme deutlich tiefer einsetzen, als gemeinhin angenommen wird und in den Lehrbüchern zu lesen ist. Statt einer ganzen Oktave liegt die Frauenstimme nur noch etwa eine Quinte – also die Hälfte des Wertes – über der Männerstimme”, so Prof. Dr. Michael Fuchs, Leiter des Symposiums und Professor für Phoniatrie und Pädaudiologie der Universität Leipzig. „Das ist ein signifikanter Unterschied, der biologisch nicht zu erklären ist.” Biologische Gründe konnten dabei genauso ausgeschlossen werden wie anatomische oder hormonelle. Im Laufe der letzten 100 Jahre ist nichts derart Gravierendes passiert, das die Veränderung wissenschaftlich erklären konnte. Außer: „Frauen sind heutzutage selbstbewusster, beruflich erfolgreich, verdienen mehr Geld. Das zeigt sich in der tieferen Stimme”, so Fuchs. Diese signalisiert Kompetenz, schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit. (Tagesspiegel). Die tiefsten Stimmen haben übrigens die Frauen in Skandinavien, also in Ländern, in denen die Gleichberechtigung weit fortgeschritten ist.
Die Stimme spielt heutzutage eine größere Rolle, weil im Berufsleben mehr kommuniziert wird als noch vor Jahrzehnten. Die Bedeutung der Stimme für die Rolle im Job hat zugenommen. Sie ist ein, wenn auch sicher nicht der einzige entscheidende Erfolgsfaktor auf der Karriereleiter. Wir können unsere Stimme kontrollieren, können sie bewusst einsetzen, damit Wirkungen unterstreichen – auch unsere Stimme unterliegt unserem Willen. So wir ihn denn aufbringen.
Das Mäuschen stellen wir nicht ein.
Was also tun, um die Stimme schöner, besser, tiefer zu machen? Wer den heimatlichen Dialekt loswerden will, muss zur Sprecherziehung, wer eine Sprachfehler hat, ab zum Logopäden. Wer die Stimme verändern will: Regelmäßige Übungen mit und ohne Anleitung. Viele Schauspieler, Schauspiellehrer, Radiomoderatoren oder Sprechtrainer können helfen. Aber jede Frau kann auch einiges selber tun, ein Korken und die Sprachaufnahmefunktion des Handys können dabei auf das Leichteste unterstützen.
Helfen kann uns ein älterer Herr namens Julius Hey. Von ihm stammt die Fibel der Sprecherziehung, die ich jeder und jedem nur ans Herz legen kann. Wunderbare alte Texte führen uns durch die Welt des Atmens, Betonens, Sprechens. Von Buchstabe zu Buchstabe, von A bis Z über ch und sch. Fangen wir an: Nehmen Sie ihr Handgerät zur Hand und starten eine Sprachaufnahme. Eine Minute sprechen – Text egal. Gefällt Ihnen Ihre Stimme? Zu leise, zu hoch, zu wenig Betonung, unklare Aussprache? Noch einmal!
Nehmen Sie einen Korken in den Mund und sprechen Sie den Text erneut (gerne ohne Publikum, es klingt komisch). Dann wieder aufnehmen. Hat sich etwas geändert? Atmen Sie fünf Mal tief ein und ruhig aus, am besten auf einem Konsonanten. Lassen Sie die Stimme von gaaaanz unten kommen. Aus dem Bauch – nicht aus den Bronchien, nicht aus dem Kopf. Das Ganze zwei Mal und dann (ohne Korken) langsam! Ins Handy sprechen. Ich garantiere Ihnen: Schon hat sich etwas geändert. Die Stimme klingt wärmer, tiefer, voluminöser. Überzeugender.
Das E ist mit allen seinen Schattierungen der wichtigste Buchstabe. Es muss deshalb gut trainiert werden. Schon damit es nicht zum Ö wird. Ewig, Wedel und Hefe: Vokalanlaut, Klingeranlaut und Hauchanlaut unterscheiden sich eben. Probieren Sie es mal aus.
Die gute, volle Stimme kommt nicht aus Kopf und Mund – sie kommt aus dem Bauch. Was die Profis „gestütztes Sprechen“ nennen, können Sie auch: Von ganz unten kommt der Ton. Legen Sie die Hand auf den Thorax, den Bauch und sprechen laut: Alles ist aus!
Für weitere Übungen reichen weitere Texte des Kleinen Hey oder ein paar Sprechtexte von Schauspielschulen aus dem Internet und dann verstehen Sie schnell, warum Barbara nah am Abhang saß und gar sangbar zaghaft langsam sprach.
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